von Madeleine Porr
Es ist „amtlich“, d.h. richtig wissenschaftlich erwiesen: Wer beim Sprechen die so genannte „männliche Sprachform“ benutzt, schließt tatsächlich im Kopf seiner ZuhörerInnen das weibliche Geschlecht aus.
Wovon ist die Rede?
Bekanntlich leben ja auf der Erde je zur Hälfte zwei Menschenarten: Frauen und Männer. Und für sie gibt es – zumindest im deutsch- und im spanischsprachigen Raum – auch eigene Sprachformen, weibliche und männliche. Z.B. kennen wir auf Deutsch „die Bäckerin“ und „den Bäcker“, „die Kanzlerin“ und „den Kanzler“; auf Spanisch „la panadera“, „el panadero“, „la cancillera“ und „el canciller“.
Allerdings mussten sich die Mädchen und Frauen beider Sprachräume im Laufe der letzten Jahrhunderte daran gewöhnen, dass sie auch dann gemeint sein sollen, wenn nur die männliche Form im Munde geführt wird. Z.B.: „die Schüler der Klasse 5b“, „die Teilnehmer der Veranstaltung“ usw.
Wenn man als Außerirdische/r auf dem Friedhof eines spanischsprachigen Landes spazierenginge, müsste man zu dem Schluss kommen, dass es auf der Erde nur männliche Lebewesen gibt: Da ruhen ausschließlich geliebte „padres“ („Väter“), „abuelos“ („Großväter“) und „tíos“ („Onkel“) Seit‘ an Seit‘ …
Die ersten Erfolge in Deutschland, die weibliche Hälfte der Bevölkerung über Formen wie „SchülerInnen“ oder „Teilnehmer/innen“ zurück ins Bewusstsein zu holen, zerrinnen allerdings gerade wieder. Denn immer öfter wird z.B. schon im Vorwort eines Buches angekündigt, dass im Text „aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Sprachform verwendet wird“.
Deshalb möchte ich hier an die Studien der Wissenschaftlerinnen Dagmar Stahlberg und Sabine Sczesny von der Universität Mannheim erinnern (Psychologische Rundschau, 3/2001), und an die Bedeutung ihrer Ergebnisse:
Wer bei seiner Ausdruckweise schlampt und im Reden und Schreiben bequem der männlichen Sprachform den Vorrang vor einer neutralen Formulierung gibt, trägt mit bei zum Erhalt der Schieflage zwischen Männern und Frauen in unserer Gesellschaft – mit all den bekannten Konsequenzen.
EIN DREIFACH HOCH ALSO DEM GROßEN „I“.
Oder: Lasst uns einfach mal wechseln und in den nächsten fünfhundert Jahren für beide Geschlechter die weibliche Form benutzen …
(Artikel zum Nachlesen, Sprachleitfaden für geschlechtergerechtes Formulieren hier)